12. und 13. März 2016
Aikido-Lehrgang mit
Pascal Olivier
aus Paris
Der
Franzose
Pascal
Olivier
ist
schon
seit
1973
dem
Aikido
verfallen.
Zahlreiche
deutsche
Aikidoka
kennen
ihnen
von
Lehrgängen
beispielsweise
in
Lüneburg,
München,
Berlin,
Hamburg
und
von
den
einwöchigen
Lehrgängen
auf
dem
Herzogenhorn
im
Schwarzwald.
Am
12.
und
13.
März
2016
empfingen
auch
wir
vom
KAMAI
e.V.
Freiburg
ihn
erstmals
für
einen
Wochenendlehrgang,
in
einer
Sporthalle
mitten
im
weltberühmten
Ökoviertel
„Quartier Vauban“.
Ein
wichtiger
Schwerpunkt
war
die
Arbeit
von
innen
heraus
,
und
das
auf
mehreren
Ebenen.
Er
fokussierte
das
Training
auf
den
Atem
(
Kokyu
)
als
Methode
(
Kokyu-Ho
).
Nicht
die
Technik
war
das
wichtige,
sondern
der
Atem
als
Sockel
und
Quelle.
Auf
ihm
bauen
die
Partner
die
Techniken
und Abläufe nach und nach auf.
Die
Berufung
der
Kunst
des
Aikido
besteht
aus
der
Verbindung
von
Himmel
(Ten)
und
Erde
(Shi)
durch
den
Menschen
als
Vermittler,
erklärte
er
uns.
Die
Komponente
Shi
(Erde)
dieses
Ten-Shi-Prinzips
fällt
uns
leicht:
Wir
sind
dem
Boden
durch
die
Schwerkraft
verbunden
und
können
ihr
vertrauen.
Eine
allzu
große
Fokussierung
auf
den
Boden
wird
aber
der
ohnehin
bestehenden
Erdanziehung
nur
über
Maßen
hinaus
nachgeben
und
unsere
Bewegungen
nach
und
nach
enger
und
kleiner
machen.
Das
ist
dann
nicht
mehr
wirklich
Aikido,
sondern
eher
eine
Rückkehr
zu
den
Aiki-Jutsu.
Deswegen
sollte
sich
die
Aufmerksamkeit
mehr
auf
das
Ten-
Prinzip
richten,
auf
das
Streben
zum
Himmel:
Unsere
Bewegungen
ausdehnen
und
frei
setzen,
dabei
Senkrechtigkeit,
Zentrum
und
Synchronisierung
in
den
eigenen
Bewegungen
und
im
Zusammenspiel
mit
dem
Partner
kultivieren.
Dadurch
blüht
das
Ki
auf
,
und
was
ohne
Ki
nur
unter
schweren
Anstrengungen
erreichbar
ist,
wird
durch
fließendes Ki leicht.
Er
machte
die
Bedeutung
des
Atems
auch
über
eine
Progression
deutlich,
die
uns
am
zweiten
Tag
beschäftigte.
Das
Aufwärmen
erfolgte
durch
sehr
lockere
Übungen,
die
den
Atem
entwickelten,
ohne
die
Muskeln
anzustrengen.
Es
folgten
zunächst
sehr
lockere
Übungsabläufe,
die
allein
dadurch
an
Wirkung
zunahmen,
dass
sie
den
Atem
verlängerten:
Was
eben
noch
Atemübung
war,
wurde
durch
ein
paar
zusätzliche
Gesten
auf
einmal
zur
Aikido-Technik.
Weder
auf
Form
noch
Effizienz
sollten
wir
achten,
sondern
aus
dem
Ki
heraus
sollten
diese
entstehen.
Es
ist
nicht
nur
so,
dass
die
Anwendung
von
Kraft
uns
nicht
hilft.
Sondern
sie
bremst
sogar
unsere
Wirkung,
ist
für
fließendes
Ki
ein
minderwertiger
Ersatz,
und
schlimmer
noch:
Dort,
wo
körperliche
Kraft
angewendet
wird,
findet
Ki
keinen Raum, sich zu entfalten.
Wer
jedoch
seinen
Atem,
sein
Ki
aufbaut
,
verschafft
sich
Zugang
zu
einer
Energiequelle,
an
der
sich
ein
sehr
kraftvolles
Training
nährt,
das
kaum
Kräfte
zehrt,
und
sehr
wirksam
wird,
ohne
nach
Wirksamkeit
zu
streben.
Und
so
war
dieser
Lehrgang
für
uns,
obwohl
er
zwei
Trainingssitzungen
zu
je
3
Stunden
am
Nachmittag
und
am
darauffolgenden
Morgen
umfasst,
erstaunlich
wenig
anstrengend,
die
Zeit
verging
im
Flug,
und
das
Geheimnis
des
Ki
schien
ein
bisschen näher gerückt zu sein.
Pascal
wiederholte
auch
mehrfach
die
Wichtigkeit,
immer
die
Verbindung
zum
Partner
aufrecht
zu
halten.
Weder
der
Nage
sollte
diese
verlieren,
noch
sollte
der
Uke
beim
Abrollen
und wieder Aufstehen einen Bruch einführen.
In
den
Abläufen
gibt
es
nicht
einen
aktiven
und
einen
passiven
Teilnehmer,
sondern
beide
arbeiten
gleichermaßen
zusammen,
um
eine
Bewegung
entstehen
zu
lassen,
eine
Waza.
Dieser
Begriff
von
Waza
bedeutet
im
Japanischen
deutlich
mehr
als
nur
eine
biomechanische
Abfolge
von
Bewegungen
des
Körpers.
Er
stellt
auch
eine
Verbindung
her
zu
den
großen
kosmischen
Bewegungen,
zu
all
den
Wellen
und
Spiralen
und
Kreisen,
mit
denen
beispielsweise
nicht
nur
Aikidoka,
sondern
auch
Himmelskörper
um
einander
kreisen.
Wer
im
Aikido
etwas
sucht,
das
über
Technik
und
Bewegungen
hinaus
geht,
findet
in
den
Waza
einen
Hinweis
und
eine
Verbindung
zu
einem
größeren Kontext.
Doch
auch,
wenn
man
nicht
so
weit
gehen
möchte,
ist
es
wichtig,
die
Verbindung
zum
Partner
nie
abreißen
zu
lassen,
auch
wenn
sie
gerade
nur
den
Hauch
einer
Berührung
annimmt
oder
der
Körperkontakt
gar
nicht
mehr
da
ist.
Die
zwei
Partner
sind
wie
zwei
Kreise
oder
Spiralen,
die
sich
ineinander,
miteinander,
umeinander
herum
bewegen.
Diese
beiden
konzentrischen
Kreise
können
einander
sehr
nahe
kommen,
wie
etwa
in
den
Irimi-
Techniken
.
Im
modernen
Aikido
sind
die
Irimi-Techniken
weniger
wirklichkeitsbezogen.
Doch
das
ist
auch
nicht
mehr
ihr
Zweck:
Das
Vordringen
zum
Partner
soll
uns
vor
allem
lehren,
Angriffe
1.)
zu
akzeptieren
und
ihnen
2.)
zuvor
zu
kommen,
statt
vor
ihnen
zurück
zu
schrecken.
Damit
strahlen
die
Irimi-Techniken
auch
auf
alle
anderen
Techniken
aus,
indem
sie
sie
vom
tief
sitzenden
Reflex
des
Zurück-Weichens
befreien.
Es
fand
auch
Arbeit
mit
den
drei
traditionellen
Waffen
statt:
Bokken
(Schwert),
Jo
(Stock)
und
Tanto
(Messer).
Mehrfach
übten
wir
eine
gleiche
Technik
mit
und
ohne
Waffen.
Im
Aikido
spielen
Waffen
eine
wichtige
Rolle,
erklärte
Pascal,
jedoch
nicht
zu
verwechseln
mit
dem,
was
etwa
im
Iaido
oder
Kendo
passiert.
Im
Aikido
sollen
uns
die
Waffen
unter
Anderem
die
Bewegungen
erläutern,
ihren
Sinn
klären.
Länge
und
Gewicht
der
Waffe
fügen
der
Bewegung
einiges
hinzu:
1.)
Eine
Masseträgheit,
die
zu
klaren
Richtungen
zwingt
weil
eine
anfängliche
Ungenauigkeit
der
Bewegung
deutlich
schwieriger
im
Nachhinein
zu
korrigieren
ist,
wenn
die
Waffe
erst
einmal
unterwegs
ist;
2.)
andere
körperliche
Empfindungen,
die
die
Empfindungen
aus
den
waffenlosen
Übungen
ergänzen
und
informieren;
3.)
einen
um
die
Waffenlänge
erweiterten
Wirkungskreis,
der
es
uns
natürlicher
scheinen
lässt,
die
Energie
nach
vorne
und
oben
auszudehnen
statt
mit
der
Energie
immer
wieder
nach
unten
zu
fallen;
und
4.)
fügen
sie
auch
ein
bisschen
Gefahr
hinzu,
sodass
unsere
Aufmerksamkeit
automatisch eine andere wird.
Pascal
ist
der
japanischen
Kultur
sehr
verbunden,
hat
selbst
ein
Jahrzehnt
in
Japan
verbracht
und
kehrt
mit
seiner
japanischen
Frau
immer
wieder
dorthin
zurück.
In
seinem
Weblog
und
seinen
Büchern
berichtete
er
wiederholt
über
diese
Reisen.
Er
ist
auch
sehr
vertraut
mit
der
Entstehungsgeschichte
und
den
historischen
Quellen
des
Aikido.
Techniken
wie
Ikkyo
etwa
gab
es
schon
lange
vor
dem
Aikido.
Es
scheint
hingegen,
dass
der
Irimi
Nage
tatsächlich
eine
Schöpfung
von
Morihei
Ueshiba
ist.
Pascal
zeigte
uns
eine
alte
Form
des
Irimi
Nage,
wie
er
vor
einigen
Jahrzehnten
ausgeübt
wurde,
als
man
noch
von
Helmträgern
auf
Schlachtfeldern
ausging:
Zunächst
holte
der
Nage
nicht
den
Uke
in
den
eigenen
Wirkungskreis
hinein,
sondern
wirbelte
um
ihn
herum,
nahm
den
Kopf
in
einen
Würgegriff,
zog
ihn
herunter,
und
spreizte
den
Ellenbogen
des
Schwertarms
gegen
sein
eigenes
Knie,
bevor
er
ihn
dann
beim
Aufrichten
wegdrehte
und
weit
nach
vorne
warf
(statt
ihn
wie
heute
nach
unten
zu
begleiten).
Damals
war
der
Eingang
des
Irimi
noch
eine
Knochenbrecher-Technik,
die
zunächst
dem
Ellenbogen
des
Gegners,
dann
seinen
Halswirbeln
den
Garaus
machen
sollte.
Das
heutige
Aikido
ist
gerade
im
Irimi
Nage
deutlich
abstrakter
geworden,
auch
weil
hier
nicht
mehr
Gegner
aufeinander
treffen,
sondern
Partner
gemeinsam
etwas
aufbauen.
In
der
alten
Form
ist
die
heutige
aber
bereits
enthalten.
Nur
hat
sich
ihr
Ziel
von
einem
Besiegen
zur
Herstellung eines Einklangs, einer
Harmonie
gewandelt.
Eine Geburt
Dieses
Wochenende
war
für
uns
aus
einem
weiteren
Grund
ein
besonderes.
Bislang
fehlte
unserem
Training
etwas
am
Shomen
,
der
„Wand
der
Ehre“.
In
Japan
heißt
das
Shomen
für
Anhänger
des
schintoistischen
Glaubens
„
Kamiza
“
-
der
Ort,
an
dem
sich
die
Götter
(
Kami
)
befinden.
Für
uns
Nicht-
Schintoisten
ist
es
das
Shomen
,
und
man
findet
dort
traditionell:
ein
Abbild
von
Meister
Ueshiba,
ein
paar
schöne
Blumen,
je
nach
Wunsch
ein
paar
wertvolle
Waffen,
und
üblicherweise
auch
eine
Kalligraphie.
Ebendiese
fehlte
uns
jedoch
bislang.
Wir
haben
Pascal
gebeten,
uns
eine
solche
zu
widmen.
Einige
Mitglieder
des
KAMAI
waren
ihm
schon
länger
bekannt,
und
so
war
er
der
Ansicht,
dass
folgender
Name
zu
uns
passen
würde:
die
Sho
Jin
Kai
,
die
das
Sho
Jin
Aiki
praktiziert.
Eine
“
Kai
“
ist
eine
Gruppe
oder
Vereinigung.
“
Sho
“,
das
auch
als
“
Sei
”
gelesen
werden
kann
bedeutet
“aufrichtig“.
“
Jin
”,
weichere
Form
von
“
Shin
”,
das
aber
auch
als
“Kokoro”
gelesen
werden
kann,
ist
ein
unübersetzbares
Wort,
das
durch
seine
doppelte
Lesart
sowohl
Herz
als
Geist
bedeutet
und
damit
beides
miteinander
verbindet.
Man
könnte
es
ungefähr
als
“Herzensgeist“
übersetzen.
Und
so
sind
wir
im
KAMAI
jetzt
die
Vereinigung
derer,
die
mit
aufrichtigem
Geiste
und
Herzen
das
Aiki(do)
ausüben.
Pascals
handgefertigte
Kalligraphie
entstand
aus
einem
Guss
in
der
Inspiration
des
Moments
und
wird
fortan
unser
Training
schmücken
und
inspirieren.
Wir
danken
Pascal
sehr
für
seinen
Lehrgang
und
sein
Geschenk,
und
wenn
wir
sagen,
dass
wir
uns
auf
das
nächste
Treffen
freuen,
ist
das
so
vieles
mehr
als
nur
eine
Höflichkeitsformel.
Text: Alexander Hohmann
Fotos: Oliver Rosenfeld
Mehr erfahren
Pascal Oliviers Weblog:
französische Originalfassung
deutsche Übersetzung
LEHRGANGSBERICHT